Im Sommer letzten Jahres habe ich meinen lang ersehnten mittleren Schulabschluss endlich in der Tasche gehabt und war mir mit einer Sache sicher: raus aus der Schule.
Ich wollte unbedingt etwas anderes machen, als von früh morgens bis manchmal späten Nachmittag auf einem Stuhl zu sitzen und mir schnellstmöglich Stoff aneignen, der mich oft nicht einmal wirklich interessiert hat.
Ich wollte unbedingt fürs Erste raus aus der Schule und etwas Praktisches machen. Was genau? Am liebsten “irgendwas mit Medien”. Das habe ich schon während meiner Schulzeit unglaublich gerne gemacht. Ich habe meine Freunde zusammengetrommelt, ihnen ein sehr improvisiertes Drehbuch vor die Nase gehalten und meinte, dass wir das nun machen würden. Dass daraus nur sehr selten etwas geworden ist, wegen fehlendem Equipment, unzureichender Zeit und der simplen Motivationslosigkeit nach der Schule noch etwas zu drehen, lasse ich hier mal außen vor.
Nach meinem Abschluss im Sommer habe ich ziemlich lange gegrübelt was ich denn nun machen könnte. Von Schule wollte ich erstmal eine Auszeit nehmen und eine Ausbildung wollte ich auch noch nicht anfangen, da ich meine Kenntnisse in Video- und Audiotechniken noch längst nicht als ausreichend empfand.
Irgendwann kam mir jedoch die sehr naheliegende Idee, dass ich einen sogenannten Bundesfreiwilligendienst machen könnte.
Schnell kam der Gedanke auf, dass ich ja bei dem Verstehbahnhof anfragen könnte, ob sie denn sowas anbieten würden.
Ich selbst war bis zu diesem Zeitpunkt noch nie im Verstehbahnhof, kam aber dennoch recht schnell zu der Erkenntnis, dass dort in jeglicher Weise arbeiten zu können ein echter Glückstreffer sein würde.
Diese Erkenntnis gewann ich unter anderem durch eine Freundin, die selbst regelmäßig im VBHF ist, als auch durch meinen damaligen Informatiklehrer, der uns immer mal wieder Dinge über den Bahnhof erzählte.
Ich habe also einfach gefragt, eine sehr schnelle Zusage bekommen und nach einigen Monaten Papierkram (um den ich mich glücklicherweise nicht kümmern musste) durfte ich meinen Bundesfreiwilligendienst am 15. Dezember 2020 anfangen.
Meine Erwartungshaltung war etwa die, dass ich den Bahnhof aufgeräumt halte oder vielleicht mithelfe Projekte oder ähnliches vorzubereiten.
Ich habe jedoch nicht damit gerechnet, dass ein vollausgestattetes Video- und Tonstudio in Planung war und dieses Studio in nur wenigen Monaten ein Ort werden würde, an dem ich mich vollsten austoben kann und welcher etwas als meine Spielwiese betrachten werden kann.
Ich bin aus der Schule mit dem Wunschgedanken “irgendwas mit Medien” gekommen und habe nicht Mal ein halbes Jahr später einen Arbeitsplatz ergattern können, der teilweise besseres Equipment als mancher Fernsehsender vorzeigen kann!
Kurz nach dem Beginn des Bundesfreiwilligendienstes wurde das Studio auch schnurstracks in Betrieb genommen, da durch den herrschenden Lockdown natürlich die Schulen geschlossen blieben und Lehrer die Möglichkeit nutzen wollten kurze Lernvideos für ihre Schüler aufzunehmen, bzw. ganze Konferenzen aus dem Studio aus zu halten und die Schüler mit der ungewöhnlich guten Video- und Tonqualität zu überraschen.
Die Lehrer in dieser Hinsicht zu unterstützen, war meine allererste Aufgabe.
Vorkenntnisse hatte ich lediglich im Videoschnitt, da ich schon seit der Grundschule regelmäßig kurze Videos zu verschiedensten Themen geschnitten habe. Jedoch in der Ton- und Videotechnik hatte ich nicht mehr als das grobe Grundwissen, wenn überhaupt.
So war anfangs das digitale Mischpult, die ganzen Kameras, die unterschiedlichsten Mikros und das ganze Licht, sowie Geräte, die ich gar nicht so auf dem Schirm hatte, etwas überwältigend.
Diese Überwältigung wurde jedoch schnell durch Faszination ersetzt und ich habe mich dran gemacht mit den benötigten Geräten rumzuexperimentieren.
Wie leuchtet man ein Set richtig aus? Was für Einstellungen muss ich an der Kamera vornehmen? Was muss ich machen, sodass der Ton nicht übersteuert und sich gut anhört? All das musste ich erstmal ausprobieren, teilweise falsch machen, von den Fehlern hoffentlich lernen und versuchen es das nächste Mal besser zu machen.
Es sind immer noch nicht alle Dinge perfekt und bestimmt verbesserungsfähig, aber ich konnte mir in den wenigen Monaten schon unglaublich viel Wissen aneignen und dieses auch bis zu einem bestimmten Grad anwenden.
Selbst ganz simple Dinge haben mich enorm weitergebracht.
Ich habe zu dem damaligen Zeitpunkt noch nie zuvor ein Lavalier Mikrofon benutzt. Die Anwendungsweise ist super simple. Ein-, zweimal benutzt und man weiß wie’s geht. Jetzt weiß ich, wie man solch ein Mikrofon benutzt. Das wusste ich vorher nicht. Ein neues Achievement.
Meine Hauptaufgabe ist also die Betreuung des Studios und die Aufbereitung von Ton-, sowie Videomaterial.
Dennoch gibt es auch noch ganz andere Aufgaben, an denen ich mich wagen kann.
Wie zum Beispiel das Anlegen eines Inventars.
Kategorie, Hersteller, Modellbezeichnung, Seriennummer, Asset Tag, vielleicht noch ein Bild vom Produkt; das waren die Dinge, die für jedes einzelne Gerät erfasst werden mussten. Mit der Inventur kamen auch das Durchforsten, Organisieren und Labeln von allen möglichen Kisten im Bahnhof, was einige Wochen in Anspruch genommen hat, sich dennoch auf jeden Fall ausgezahlt hat.
Alleine schon wegen dem Fakt, dass ich nun eine ungefähre Ahnung habe, wo sich welche Dinge befinden.
Eine weitere, eigentlich ziemlich monotone Tätigkeit war das Installieren von Betriebssystemen und verschiedensten Images auf etlichen Laptops, welche an Schülern herausgegeben werden. Überraschenderweise hatte ich jedoch ziemlich viel Spaß an dem stundenlangen Installieren und konnte sogar ein paar simple, jedoch neue Erfahrungen mit Linux machen.
Selbst etwas handwerklich kann ich mich ab und zu betätigen, auch wenn ich mich oft katastrophal anstelle und dies nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung ist. Dennoch bin ich ganz froh auch sowas mal gemacht zu haben, da dies in der Zukunft mit Sicherheit wieder ein Thema sein wird, und dann kann ich mich zumindestens nicht mehr schlechter als jetzt anstellen, was auch schon als eine Errungenschaft angesehen werden kann.
Hauptsächlich kümmere ich mich also um alles was irgendwie mit Video und Ton zu tun hat, und wenn es im Studio gerademal etwas ruhiger ist, helfe ich so gut ich kann auch bei verschiedensten “Projekten” die rund um den Verstehbahnhof anstehen, so wie das Invertieren von Laptops, der Bau einer Werkbank oder auch mal ganz was Anderes.
Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich im fünften Monat meines Bundesfreiwilligendienstes und hätte mir ehrlich gesagt nichts Besseres vorstellen können. Meine Erwartungen wurden maßlos übertroffen, die Arbeit im Verstehbahnhof hat mich in etlichen Bereichen immens weitergebracht und die Idee später etwas im Medientechnischen Bereich machen zu wollen, wurde nur weiterhin bestärkt.
Ich würde generell jedem empfehlen nach der Schule einfach ein Bundesfreiwilligendienst zu machen und sich in Bereichen, die einen interessieren auszuprobieren, bevor man sich wirklich mit einer Ausbildung oder einem Studium auf einen bestimmten Berufszweig festlegt.